Berlin und Jerusalem

Nach dem beschlossenen Verkauf der Bibliothek an Salman Schocken wurde deren überwiegender Teil im Sommer 1937 zunächst nach Berlin transferiert, wo sie in monatelanger Arbeit verzeichnet sowie für den Weitertransport nach Jerusalem vorbereitet worden ist. Berlin und Jerusalem bilden damit zwei Stationen im selben Glied eines Überlieferungszusammenhangs, der für Wolfskehl den Moment einer schmerzhaften Trennung markiert. Selbst am anderen Ende der Welt, in Neuseeland, wurde die Büchersammlung für ihn zum »Nachtgespenst« – »nicht tot und nicht lebendig« (Jessen 2018a, S. 32).

Für Schocken wiederum waren der Ankauf und Export seinerseits mit Aufwand und empfindlichen Risiken verbunden. Verfolgte er zunächst den Plan, die Sammlung in Jerusalem als geschlossenes Gefüge aufzustellen – so wie es nach Maßgabe des Provenienzprinzips heute gängige archivarische Praxis im Umgang mit Autor:innenbibliotheken ist – so musste dieses Vorhaben bald logistischen und pragmatischen Erwägungen weichen. Viele der 64 Bücherkisten blieben zunächst unausgepackt, später wurde ihr Inhalt in den allgemeinen Bestand der Schocken Library überführt. Hier befinden sich einige Exemplare aus dem Vorbesitz Wolfskehls noch heute – woraus sich teils spannungsreiche Konstellationen ergeben. Die weiterhin in Jerusalem befindlichen Einlagen, Manuskripte und Briefe, die ehemals Teil der Sammlung waren, sind zudem vollständig katalogisiert und online einsehbar.

Text: Sarah Gaber