Böhme - Die Bibliothek von Karl Wolfskehl
Jakob Böhme: XL Questions concerning the soule
Wolfskehl besaß mehrere Übersetzungen von Böhmes Werken. Sie gelangten schließlich durch den Verkauf an Schocken nach Jerusalem, wo sie heute noch überliefert sind. Zu den Exemplaren zählen Aurora und The Remainder of Books sowie diese Ausgabe der XL Questions concerning the soule. Dass der von Hegel als »Vater der deutschen Philosophie« beschriebenen Böhme nicht nur in seinem Heimatland zu einem wichtigen Anknüpfungspunkt wurde, sondern auch im Ausland Einfluss auf die Geisteswelt jenseits der kirchlichen Institutionen ausübte, bestätigen diese Bücher. Spätere englische Dichter wie William Blake und John Milton, die ebenfalls in Wolfskehls Bibliothek vertreten waren, nehmen Bezug auf den übersetzten Deutschen.
Laut Caroline Jessen war das »Sammeln der Übersetzungen kein Spleen, die Werke eines Autors in allen möglichen kuriosen Ausgaben zu versammeln« gewesen, sondern »dahinter verbarg sich die Frage nach dem Wie und Wann der Diffusion seiner Lehre in die englische Kultur« (Jessen 2018a, S. 264). Wolfskehl sammelte intentional, und seine Bibliothek wurde daher zum Werk an sich. Zusammenhänge zwischen sehr verschiedenen Exemplaren deuten auf einen Sinn für Ideenüberlieferung, den Wolfskehl bewusst nachging. Konzepte wie Böhmes waren in einer deutschsprachigen Tradition verankert, für die sich der Sammler Zeit seines Lebens interessierte, auch weil sie sich im neuen Kontext eines fremden Idiolekts weiterentwickeln und neu erfinden lassen konnten.
Nach seiner Flucht aus Deutschland befand sich das Böhme-Exemplar nicht mehr in Wolfskehls unmittelbaren Umfeld, dennoch muss es aus der Ferne eine neue Bedeutung für ihn angenommen haben. Der Dichter und Sammler fand sich selbst nämlich in einen englischsprachigen Kontext umgepflanzt. Für Deutsch-Juden wie ihn war die Übersetzung aber nicht nur eine Frage des Sich-Neuerfindens, sondern des Überlebens.
Text: Alexander Beard
[Jakob Böhme:] XL questions concerning the soule. Propounded by Dr. Balthasar Walter and answered by Jacob Behmen. London: H. Blunden 1647.
Aufbewahrungsort: Jerusalem – Schocken Institute for Jewish Research; Bibliothek K.W., Nr. 4049
Foto: Yigal Pardo