Wolfskehl: Sammlung Victor Manheimer. Deutsche Barockliteratur von Opitz bis Brockes

In einem Brief an Stefan George vom 3. Februar 1927 schreibt Karl Wolfskehl: »Ich stehe nach wie vor im bittersten Ringen ums tägliche Brot in Arbeiten aller Art. Der Januar war sehr schwer. Der Februar ists nicht minder, zur Zeit bearbeite ich einen Antiquariatskatalog. Daneben immer Zeitungsaufsätze von denen Sie vielleicht hören. Ich bin in bitterer qualvoller Arbeit.« Die Rede ist hier von dem rund 700 Nummern umfassenden Auktionskatalog der Barockliteratursammlung von Victor Manheimer, der seine Herkunft aus vermögenden Verhältnissen zum Aufbau einer bedeutenden Privatbibliothek genutzt hatte. Die Manheimer-Versteigerung – die erste des 1923 gegründeten Unternehmens – wurde am 12. Mai 1927 von dem Kunst- und Literaturantiquariat Karl & Faber in der Max-Joseph-Straße 7 in München durchgeführt.

Vermittelt hatte den Auftrag zur Katalogisierung der Manheimer-Bücher vermutlich der Karl & Faber-Teilhaber Curt von Faber du Faur, ebenfalls engagierter Barocksammler und seit langem aus Münchener bibliophilen Zusammenhängen mit Wolfskehl persönlich bekannt. Wolfskehl steckte fünf Wochen intensive Arbeit in das Projekt; mit dem Ergebnis war er zufrieden, wie aus einer brieflichen Äußerung gegenüber George vom 13. Juni 1927 hervorgeht: »Der Katalog zeigt glaub ich wie viel ich weiss und wie sehr ich zusammenpressen kann …«. Sein stupendes Fachwissen und eine Begabung Wolfskehls für die Aufgabe bezeugen die teils sehr ausführlichen Annotationen zu Katalogeinträgen, aber auch die vorangestellte dreieinhalbseitige, namentlich gekennzeichnete Einleitung. Zum wirtschaftlichen Erfolg der Auktion dürfte der ungewöhnliche Versteigerungskatalog, der heute als Nachdruck des Georg Olms Verlags lieferbar ist (ohne Schätzpreis- und Ergebnisliste) und in digitalisierter Form von der Universitätsbibliothek Heidelberg zur Verfügung gestellt wird, nicht unerheblich beigetragen haben. Aus der Sammlung Manheimer gingen auch Bestände in Wolfkehls eigene Bibliothek ein (vgl. Jessen 2018a, S. 26). Während sein persönliches Handexemplar des Auktionskatalogs heute als verschollen gelten muss, liegen Teile des zugehörigen Manuskriptkonvoluts – hier etwa die Ausführungen zu Martin Opitz – noch vor.

Text: Björn Biester