Bucheinsendungen an Goethe

Mindestens ein Drittel der Bände in Goethes Bibliothek wurde nicht vom Dichter selbst angeschafft, sondern besteht aus Einsendungen anderer. Dazu gehören natürlich Goethes Freunde und seine literarischen und wissenschaftlichen Austauschpartner. Viele Bände kamen aber auch von Unbekannten, die auf Goethes Aufmerksamkeit und Protektion hofften. Manchmal geschah das, oft hofften die Einsender aber vergebens. Goethe behielt dennoch viele der eingeschickten Bücher, die damit aber manchmal mehr über die Interessen ihrer Einsender aussagen als über seine Anteilnahme.

Die Fülle der Einsendungen zeigt Goethes zentrale, im Alter noch wachsende Bedeutung im intellektuellen Leben Deutschlands und Europas. Unsere interaktiven Visualisierungen zeigen die zeitliche und räumliche Entwicklung seiner Netzwerke anhand ausgewählter Themenfelder. Realisiert wurden sie mit der Open Source-Software DARIAH Geo-Browser auf der Basis von Daten, die wir für unseren digitalen Katalog Goethe Bibliothek Online erhoben. Wichtigste Quelle ist die vom Goethe- und Schiller-Archiv (Weimar) edierte Regestausgabe der Briefe an Goethe. Dazu kommen Angaben aus Hans Rupperts gedrucktem Katalog (1958) und eigenen Forschungen. Die Karten und Zeitleisten sind interaktiv, zudem sind die Daten durchsuchbar.

Berücksichtigt sind nicht alle Bücher, die Goethe zu einem bestimmten Fachgebiet besaß, sondern nur diejenigen, zu denen uns die Einsendedaten vorliegen. Dazu gehört auch eine kleine Zahl von Bänden, die heute nicht mehr in der Bibliothek vorhanden sind, die aber nachweislich Teil von ihr waren.

Es handelt sich bei den Visualisierungen um laufende Projekte. Sie stellen (noch) keinen abschließenden Wissensstand dar. Die Daten werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Visualisierungen und Datenerhebung: Ulrike Trenkmann / Stefan Höppner

Technische Unterstützung: Christiane Müller / Elena Luz

 

 

   
 

Mit insgesamt etwa 1.000 Bänden ist die deutsche Literatur eine der größten Gruppen in Goethes Bibliothek. Der Bestand reicht von Editionen mittelalterlicher Texte bis in die 'Gegenwartsliteratur' der 1820er und frühen 1830er Jahre. Dazu zählen Weggefährten wie Schiller, Herder und Wieland ebenso wie dichtende Jurastudenten und heute vergessene Lokalgrößen. Allgemein brachte Goethe im Alter den meisten Zeitgenossen wenig Interesse entgegen. Selbst heute berühmte Autoren wie Heinrich Heine oder August Graf von Platen fanden bei ihm wenig bis keine Resonanz, ebenso die meisten Schriftstellerinnen. 

Was Goethes Sammlung einzigartig macht, ist daher nicht nur ihr Umfang, sondern auch die Mischung aus bekannten und unbekannten Autorinnen und Autoren, deren Bücher teilweise in keiner anderen Bibliothek mehr existieren.

 

 

   
 

Obwohl Goethe sich von Anfang an mit ausländischen Literaturen beschäftigte, nahm er den - vorher u.a. von Wieland benutzen - Begriff der 'Weltliteratur' erst Anfang 1827 auf. Er verstand darunter den gleichberechtigten Austausch der Autoren verschiedener Nationalliteraturen, die dadurch auch zum gegenseitigen Verstehen der Nationen beitragen sollten. Dabei stand zwar der möglichst direkte Austausch mit anderen Schriftstellern im Vordergrund. Doch auch die anderen Beteiligten des Literaturbetriebs - Übersetzer, Herausgeber, Verleger, Buchhändler - spielten eine wichtige Rolle. Dasselbe gilt für ausländische Zeitschriften wie 'Le Globe' (Paris), 'The Foreign Quarterly Review' (London) oder 'L'Eco' (Mailand), die Goethe sehr schätzte. Diese Visualisierung enthält alle dokumentierten Einsendungen zur ausländischen Literatur - einschließlich der orientalischen Literaturen, die Goethe nicht im Original lesen konnte, sondern nur in neueren Edition deutschen, französischen oder britischen Ursprungs.  

 

 

   
 

In seinen Reflexionen zur 'Weltliteratur' spricht Goethe vom "freien geistigen Handelsverkehr" zwischen Nationen und ihren Literaturen. Dazu gehört auch die Aneignung und Übersetzung von fremden Texten. Manchmal ermöglicht der Blick von außen sogar ein klareres Bild, wie Goethe im Vorwort zu einer Biographie Schillers aus der Feder des Schotten Thomas Carlyle schreibt: "Carlyle hat das Leben von Schiller geschrieben und ihn überall so beurteilt, wie ihn nicht leicht ein Deutscher beurteilen wird.Dagegen sind wir über Shakespeare und Byron im klaren und wissen deren Verdienste vielleicht besser zu schätzen als die Engländer selber."

Zu diesem Handelsverkehr gehörten für Goethe auch die Übersetzungen der eigenen Texte, von denen er Dutzende erhielt. Meist wurden sie ins Englische, Französische oder Italienische übertragen, doch auch Polnisch, Tschechisch, Alt- und Neugriechisch sind vertreten.

 

 

 

 

 

 

Mit keinem Gebiet - außer der Literatur - beschäftigte Goethe sich so intensiv wie mit den Naturwissenschaften, und dies auf einer Vielzahl von Feldern. Das waren vor allem die Farbenlehre, die Gesteinskunde und die heute so genannten 'Lebenswissenschaften', aber auch so weit auseinander Liegendes wie die Meteorologie, die Astronomie, die Pharmazie und die Akustik. Neben der Korrespondenz mit anderen Wissenschaftlern gehörte dazu auch ein umfangreicher Bücherverkehr, der in unserer Visualisierung dokumentiert wird.