Karl Wolfskehl: Sperrdepot und Depotaufstellung

Die hier abgebildeten Schreiben an das Finanzamt Breisach, aufgesetzt einerseits von Wolfskehls Anwalt Max Ludwig Cahn und andererseits von Hanna Wolfskehl illustrieren die ökonomischen Dimensionen von Sammlungen und stehen symbolischen gleichsam für eine Gemengelage von Konstellationen ein: die willkürlichen finanziellen Repressalien, denen Jüdinnen und Juden während des NS ausgesetzt waren oder die Sachzwänge und Einschränkungen des Exils. Nicht zuletzt stehen die Dokumente Pars pro Toto für den ökonomischen Wert der Sammlung, der mit zunehmend prekärer Lage seit 1933 den kulturell-intellektuellen Wert überwog. In einem mehrstufigen, sich über viele Monate in den Jahren 1936 und 1937 ziehenden Verkaufsprozess veräußerte Wolfskehl seine Bibliothek, seinen letzten mobilen Vermögenswert, an Salman Schocken. Auch, um die enorme finanzielle Belastung durch die (seit 1934 verschärfte) Reichsfluchtsteuer sowie die sogenannte Judenvermögensabgabe tragen zu können. Mit dem Erlös, einer Einmalzahlung 20.000 Reichsmark sowie einer monatlichen Rente von ca. 200 Reichsmark, konnte Wolfskehl einerseits Europa hinter sich lassen und andererseits seine Familie absichern.

Text: Sarah Gaber

 

Hanna Wolfskehl und Max Israel Cahn: Dr. Karl Wolfskehl. Sperrdepot und Depotaufstellung Hessische Bank/Deutsche Bank; Finanzamt Breisach früher Kiechlinsbergen Kr. Freiburg.

Aufbewahrungsort: Freiburg - Staatsarchiv Freiburg; Personalakte Karl Wolfskehl, F 196/1, Nr. 4330, Bl. 79 und 98