Stammbuch - Leonhard Christoph Sturm im Netzwerk der frühneuzeitlichen Gelehrsamkeit
Das Stammbuch Leonhard Christoph Sturms
Stammbücher bzw. Freundschaftsbücher (alba amicorum) funktionieren ähnlich wie Poesiealben und erinnern an sie. Im 17. und 18. Jahrhundert waren sie unter Studenten weit verbreitet: Durch Eintragungen unterschiedlicher Art versicherten sie sich ihrer Freundschaft, wünschten dem Kommilitonen, dem das Stammbuch gehörte, Glück, Erfolg und Gesundheit oder erinnerten an gemeinsam Erlebtes. Stammbucheinträge wurden meist zu besonderen Anlässen vorgenommen, etwa beim Weggang vom Studienort. Daneben dienten Stammbücher dem Sammeln von eigenhändigen Eintragungen und Unterschriften von Professoren. Die Bedeutung von Stammbüchern als Quelle für historische Personennetzwerke liegt auf der Hand.
Das Titelblatt des Stammbuchs von Leonhard Christoph Sturm (Universitätsbibliothek Augsburg: Bibliothek Oettingen-Wallerstein, IV.9 ½. 8° 8, vgl. den Eintrag im Repertorium Alborvm Amicorvm), das Sturm nicht selbst beschrieben hat, sondern wahrscheinlich nachträglich ein Archivar, gibt Auskunft, dass es sich bei ihm um den »Sohn des gelehrten Mathematikprofessors zu Altdorf Johann Christoph Sturm (1635–1703)« handelt. Es folgen der Zeitzusatz »Altdorf & Jena 1686–1694«, womit Sturms Studienzeiten in den beiden Städten angezeigt wäre (allerdings fehlt Leipzig) und die Mitteilung, dass »Johann Leonhard Sturm gleichfalls Mathematiker u. Ingenieur. Prof. in Frankfä/urt a. d. O.« sei. Hier wird es sich um einen Verschreiber des ersten Vornamens handeln.
Ca. 35 Einträge bzw. Eintragende umfasst das Buch. Die Zahl ist ungenau, weil es Einträge ohne Verfassernamen und entfernte Seiten gibt. Bei mehreren Einträgen ist unklar, ob sie vielleicht von Sturm selbst stammen – oder von anderen, die keinen Namen, Ort und Datum dazugesetzt haben. Die Mehrzahl der Einträge (13 Stk.) datiert auf das Jahr 1691, gefolgt von 1692 (5 Stk.) u. 1687 (ebenfalls 5), 1686 (3 Stk.) und 1694 (einmal). Die Jahre 1688, 1689 und 1690 sind nicht verbucht. Die Mehrzahl der Einträge hat die Ortsangabe Altdorf, gefolgt von Jena und dann Leipzig. Auffallend häufig also kommt Altdorf vor, Sturms Geburtsstadt, die Stadt seines Elternhauses und seine erste universitäre Ausbildungsstätte.
Einband und Innendeckel/Titelblatt des mutmaßlichen Stammbuchs von Leonhard Christoph Sturm