Nietzsche-Archiv

Friedrich Hertel: Nietzsches Wohnzimmer im 1. OG des Nietzsche-Archivs, Fotografie, 1926
Friedrich Hertel: Nietzsches Wohnzimmer im 1. OG des Nietzsche-Archivs, Fotografie, 1926

Bis 1945 war das Sterbezimmer Nietzsches eine mit den Sterbezimmern Goethes und Schillers vergleichbarer Erinnerungsort in Weimar. Mit der Schließung des Nietzsches-Archivs und der Nutzung des Gebäudes als Seminar- und Gästehaus des Goethe- und Schiller-Archivs endete diese Tradition abrupt. Auch nach der Wiedervereinigung blieb der topische Gegensatz weiter gültig, nach dem die von Henry van de Velde umgestalteten Räume im Erdgeschoss für das Neue Weimar und damit für eine positiv bewertete Moderne standen, während die historistische Einrichtung im 1. Obergeschoss Symbol des vermeintlich schlechten Geschmacks von Elisabeth Förster-Nietzsche blieb und gleichsam ihre politischen Fehlurteile illustrierte.

Die Auflösung des Nietzsche-Archivs mit seinen Wohn-, Archiv- und Gedenkräumen ist ein singulärer Vorgang. Was bis 1945 zusammen überliefert wurde, ist heute auf die Direktionen der KSW verteilt und entsprechend getrennt erschlossen. Da eine Rückführung der Bestände an ihren ursprünglichen Ort weder möglich noch wünschenswert ist, bedient sich die Fallstudie digitaler Methoden, um die verlorenen Zusammenhänge der Überlieferung wieder sichtbar zu machen und das fast vergessene Material für die Forschung vernetzt zu präsentieren.

Nietzsches Sterbezimmer nach der Umnutzung des Gebäudes, um 1950
Nietzsches Sterbezimmer nach der Umnutzung des Gebäudes, um 1950