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Orte des „Making“

Gedanken zu einem Vortrag von Martin Leibinger zu seinen Praxiserfahrungen mit der Public Arts Garage am 19.04.2023

Angelockt und fasziniert von seiner Perspektive auf die „Garage“ als Metapher für einen Ort des Abstellens, aber auch einen Ort des einsamen oder gemeinschaftlichen Tuns – man denke an Basteln, Bauen und Reparieren – haben wir den aktuell an der Bauhaus-Universität promovierenden Kurator Martin Leibinger dafür gewinnen können, uns und den 30 Zuhörinnen und Zuhörern von seinem Projekt Public Arts Garage zu berichten und zusammen mit uns über die Chancen und Herausforderungen solcher Orte auch im Hinblick auf unsere „Suche“ nach dem Digital Makerspace für die Herzogin Ann Amalia Bibliothek, ins Gespräch zu kommen.

Garagen sind besondere Räume, Räume der „Produktion“. Neben Räumen des Abstellens, können sie Räume des Ausstellens von Kunst und erstaunlicherweise auch des Diskurses über Kunst und Gesellschaft werden, also zu Räumen des kreativen Austauschs und der Bildung. So jedenfalls versteht es Martin Leibinger und sein Anwendungsfall veranschaulicht überzeugend, warum. Dieser Anwendungsfall ist eine Public Arts Garage in Missoula, Montana, die er von Februar bis Oktober 2022 als offenes Atelier, kollaborativen und analogen Kreativraum für die Nachbarschaft sowie als Hub der kommunikativen digitalen Vernetzung in die Welt betrieb.

Uns interessierte, wie man an einem dafür nicht per se definierten Ort wie einer Garage in einem Wohnviertel am Rand einer typisch amerikanischen Mittelstadt aus dem Nichts, einen belebten Raum der digitalen und analogen Auseinandersetzung mit und über Kunst schafft, dafür „normale“ Leute, aber auch institutionelle Partner gewinnt. Das soll uns inspirieren, denn wenn dies unter solchen Bedingungen gelingt, dann können die entsprechenden methodischen Erkenntnisse vermutlich umso wirksamer helfen, einen solchen hybriden Kreativ- und Vermittlungsort, wie es der Digital Makerspace auch sein soll, im Setting einer Kulturstadt wie Weimar aufzubauen.

Doch wie etabliert man einen solchen Ort, noch dazu, wenn die „Garage“ wirklich in einer Garage ist? Wie kommuniziert man, wie funktioniert die Verstetigung? Wer kommt, wer nicht? Wir hatten Fragen.

Martin Leibinger hatte zwar zuvor schon Erfahrung in anderen Projekten mit der Bespielung und Nutzbarmachung von unorthodoxen Räumen wie Baustellen und Brachen für Kunstzwecke gemacht. Doch wiederkehrende Motive für ein Fazit als Gebrauchsanweisung für uns sind Agilität und Ergebnisoffenheit. Besucherzahlen lassen sich ebenso wenig kalkulieren wie Besucherintensitäten in Partizipation oder Kommunikation. Die „Garage“ ist ein Experiment, dass man nur insofern kontrollieren kann, als dass man die Akteure (Kunst, Künster*innen, Publikum) „gut“ organisiert zusammenbringt, ihnen niedrigschwellig und schlüssig Angebote macht und vor allem eine klar umrissene und unmittelbar verständliche Story hat. Natürlich helfen Medien, die darüber berichten. Was aber, wenn die Lokalzeitung wie im Falle der Public Arts Garage erst kurz vor Projektende etwas bringt? Zufall scheint schwer kalkulierbar, wobei die Idee, dass sich Qualität durchsetzt, Zuversicht verleiht.

„Machen“, das Making ganz im Sinne des Leitmotivs der Makerspace-Bewegung, scheint hier das Mantra. Das in diesem Fall auch Sichtbarkeit meint. Man braucht Geduld und Aufgeschlossenheit und dann bringen zum Beispiel neugierige Nachbarskinder plötzlich ihre Schulfreunde und Eltern mit und andere Kreative entdecken den Raum für sich und haben Anschlussideen.

Allerdings bleibt immer die Frage nach einer schlüssigen Definition und der Planbarkeit von Erfolg. Womöglich zeigt sich dieser in solchen Projekten aber auf andere Weise als es übliche Projektdesigns für Ausstellungen oder beispielsweise die Arbeit mit Publikum in Museen nahelegen. Man muss die Unbestimmbarkeit zunächst aushalten, Vertrauen in die eigene Idee haben und hoffen, dass es sich fügt. In Missoula gelang dieser Ansatz.

Eine Verzahnung der Aktivitäten vor Ort mit digitalen Medien und somit auch Akteuren auf der ganzen Welt, entstanden aus der Not in Corona-Zeiten, hat sich auch für Martin Leibinger bewährt. Es gibt eine zunehmende breite Vertrautheit vieler Menschen gerade mit digitaler Kommunikation und Interaktion. Augmented Reality und hybride Interaktionen sind keine Innovationen mehr, sondern alltägliche Erfahrung. So lassen sich die Wechselverhältnisse von Digitalem und Analogem nicht nur leicht in solche Projekte integrieren, sondern sogar unmittelbar als Prämisse der Aktivitäten ansehen. Diese neue Durchlässigkeit heißt, eine Präsentation zugleich in einer abgelegenen Garage in den USA und in Berlin, Taipeh, Los Angeles und Weimar sichtbar zu machen und sogar unmittelbar Partizipation zu ermöglichen.

Was hilft: institutionelle Multiplikatoren. Der Umstand, dass Martin Leibinger die örtliche Universität als Partner gewinnen konnte, war kein bloßer Glücksfall, im Ergebnis aber für Akzeptanz und Wahrnehmung vor Ort vielleicht noch wichtiger als die Lokalzeitung. Solche Akteure haben oft ein Interesse an Teilhabe und sei es für ihre Selbstvermarktung. Und am Ende und auch es wenn vielleicht keine Projektmittel in Form von Geld gibt, sind es womöglich ungenutzte Räume – wie eine Garage – und ein Publikum, wie zum Beispiel Studierende in Missoula, die Workshops an einem ungewöhnlichen Ort sehr gern annehmen und die präsentierten Ideen nicht nur besuchen sondern sich auch zu eigen machen.

Martin Leibingers Optimismus steckt an. Die Lust am Koordinieren von Kunst, Künstler*innen und Publikum, merkt man ihm an. Im Kleinen kann sehr gut funktionieren, wovon so manches Haus träumt: bisher wenig erreichbare Zielgruppen doch zu erreichen, Generationen zusammen zu bringen oder mit denkbar einfachen Mitteln Menschen über Kontinente hinweg zu vernetzen.

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