ENDE

Weltwissen

Das kosmopolitische Sammlungsinteresse des frühneuzeitlichen Adels

Auf der Basis von handschriftlichen Katalogen fürstlicher Privatbibliotheken will das Projekt die Entwicklung der Wolfenbütteler und Braunschweiger Sammlungen im 17. und 18. Jahrhundert nachzeichnen. Im Fokus stehen dabei die Sammlungspraktiken und das damit einhergehende kulturelle und wissenschaftliche Interesse des fürstlichen Adels.

Quellen

Im Projekt werden bislang unerschlossene Inventare von Privatbibliotheken fürstlicher Frauen und Männer untersucht, die ein kosmopolitisches Sammlungsinteresse vermuten lassen und das weitverzweigte europäisch-dynastische Netzwerk sowie ein dezidiertes Interesse an außereuropäischen Räumen abbilden. Hinzu kommen bisher nicht erforschte private Objektsammlungen, Ausstattungsinventare sowie handschriftliche Nachlässe mit Briefen und Manuskripten.

Forschungsfragen

Uns interessiert die Frage, in welcher Weise Sammler und Sammlerinnen an der Akkumulation von Wissen über die Welt seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts beteiligt waren. Was haben sie genau gesammelt und welches war die Funktion dieser Sammlungen? Gibt es hier einen Wandel im Laufe der Zeit? Welches Wissen haben sie sich durch die Sammlungsaktivitäten und die Nutzung von Büchern und Objekten angeeignet? Neben dem direkten Umgang mit den Objekten – also der dinglichen Repräsentanz und kognitiven Teilhabe – spielten ebenso die Beteiligung an wissenschaftlichen und politischen Kommunikationsnetzwerken wie auch soziale und kulturelle Patronage eine große Rolle. Gerade in ihnen drückt sich womöglich ein gruppenspezifischer sozialer Herrschafts- und Repräsentationsanspruch aus. Anders formuliert: Sind die Teilhabe an Wissensbeständen, der Besitz exotischer Dinge und Partizipation bei wissenschaftlicher Kommunikation Praktiken, die einen zeitgenössischen hochadeligen kosmopolitischen Habitus konstituieren?

Das Vorgehen

Im ersten Jahr des Projekts standen die Bibliotheken von Elisabeth Sophie Marie von Braunschweig-Wolfenbüttel (1683–1767) und Philippine Charlotte von Braunschweig-Wolfenbüttel (1716–1801) im Fokus. Beide Frauen besaßen große Privatbibliotheken, die sie aktiv zur Weiterbildung nutzten, wie durch Briefe, Selbstzeugnisse und handschriftliche Einträge in den Büchern nachvollzogen werden kann. Ihre Sammlungen erscheinen daher besonders relevant, um das Verhältnis von Sammlungen und Wissen zu klären.

In einem ersten Schritt möchten wir die Sammlungen möglichst vollständig virtuell rekonstruieren. Das Ziel ist eine Visualisierung, die uns eine möglichst umfassende digitale Auswertbarkeit erlaubt. Dazu wurden die handschriftlichen Kataloge transkribiert und die physische Präsenz der verzeichneten Bücher in der Herzog August Bibliothek geklärt, um so weitere Provenienzen zu ermitteln und das Bild zu komplettieren. Die so gewonnenen Daten werden in ein von uns entwickeltes XML-Datenmodell übertragen und schließlich mit Hilfe von LibReTo visualisiert. Dieses an den zwei Fallbeispielen getestete Vorgehen kann schließlich auf andere Sammlungen übertragen werden, um langfristig ihren Vergleich zu ermöglichen und einen anwendungsorientieren Beitrag zur Sammlungsforschung zu leisten.

Ehemalige Mitarbeiter*innen

  • Stephan Bi alas-Pophanken
  • M aximilian Görmar
  • Caren Reimann
  • Joëlle Weis